Samstag, 13. Oktober 2007

Lektion 1

Nicht nur im Spanischunterricht, sondern auch sonst lerne ich hier ständig Sachen aus den verschiedensten Bereichen. Dieses Wissen möchte ich natürlich niemandem vorenthalten, und so werde ich euch heute eine erste Lektion erteilen :)

Meteorologie
Surazo: Am Vortag noch in kurzen Hosen und T-Shirt unterwegs (siehe auch "Vida cotidiana (Teil II): Auf's Land!) und am nächsten Morgen ist der Himmel bedeckt. "Das wird schon noch werden, bis jetzt ist die Sonne noch jeden Tag rausgekommen...", denkste: Novemberwetter aus dem Bilderbuch. Nebel, Nieselregen, eisiger Wind und Temperaturen, die wohl kaum die 10 Grad Marke überschritten haben dürften (erschwerend kam natürlich noch der Chill-Faktor hinzu). Vier Schichten, Schal und am liebsten auch noch Handschuhe halfen, die zwei eisigen Tage, die wir dem Wind aus Argentinien verdankten, zu überstehen. Dass wir ausgerechnet am ersten Surazo-Tag ein oberhalb von Sucre gelegenes Projekt besuchten und im Freien mit dessen Leiter plauderten, war wohl schlichtweg Pech.
Beruhigend ist, dass solche Kälteschübe nie länger als drei Tage anhalten - kaum hätte man sich daran gewöhnt, kommt auch schon wieder die Sonne zum Vorschein...
Chaqueo: Erst dachte ich ja: verdammt, Sucre ist smogiger als ich bisher angenommen habe, doch bald schon wurde ich in die wahren Gründe für den Dunst am Horizont eingeweiht. Erstmal ist das kein Dunst, sondern Rauch und zweitens sind (wie so oft) die Campesinos schuld. Um Anbauflächen zu gewinnen, brennen sie Waldstücke nieder. Zumindest theoretisch, denn praktisch gerieten diese Feuer ziemlich ausser Kontrolle, schliesslich befinden wir uns am Ende der Trockenzeit... Brände hatte es vor allem in den Departements Beni, Santa Cruz (wo wegen dichten Rauchs 5 Flughäfen geschlossen werden mussten...) und Tarija, weniger in Chuquisaca - aber dank Kollege Wind konnten auch wir hier uns ab richtig schön verschmutzter Luft freuen. Und ich durfte endlich deren Effekte am eigenen Leib erfahren (vergleiche: "Gente trabajadora: Tag des Fussgängers - Chronik): irritierter Hals, entzündete Augen, abendliche Kopfschmerzen und spriessende Pickel ;)
Die bolivianischen Truppen brachten die Sache (mit Hilfe der Argentinier und nachdem in Santa Cruz der Notstand ausgerufen worden war) die Sache unter Kontrolle, und inzwischen haben die ersten kleineren Regenfälle die Luft gereinigt.


Religion
Entrada de la Virgen de Guadalupe: Eine der unzähligen heiligen Jungfrauen des katholischen Glaubens. Fragt mich bitte nicht, was genau die Gute getan hat, aber jedenfalls hat sie es zur Stadtheiligen von Sucre gebracht. Am 5. und 6. Oktober fand die lange erwartete und wegen der Demonstrationen mehrmals verschobene Entrada zu Ehren eben dieser Guadalupe statt, bei der die TänzerInnen vor ihrer Büste (?) ein Versprechen ablegen. Schon eine Woche vorher bildeten sich vor den Verkaufsständen für Trottoir-Abschnitte (verzeiht den Helvetismus) zu langen Wartezeiten und anscheinend sogar zu handgreiflichkeiten. Am Freitag wurden rund um die Plaza Holztribünen aufgestellt, und für den Verkehr gab es im Zentrum kein Durchkommen mehr - als Blockaden dienten unzählige (Fr)essstände. Der erste Tag der Entrada ist für die Schulen reserviert, früh übt sich wer später mal bei dengrossen mittanzen will. Auch wenn die Tänze an sich nicht das Problem sind, vielmehr ist es eine Frage der Ausdauer, geht der Umzug doch durch die ganze Stadt - und beginnt von neuem. Das spezielle sind die zum Teil sehr aufwändigen Kostüme, Kleider und Masken, auch wenn mich die Musik fast mehr ansprach. Ebenso wie verschiedene Gruppen mitmachen, werden auch verschiedene Tänze getanzt. Stark vertreten waren Caporales (die mit den Miniröcken), daneben hatte es auch Tobas (die mit dem Federschmuck), Huacahuacas (die mit den 20 Röcken übereinander), Morenadas und was weiss ich noch was alles :)



Geschichte
Anlässlicher akuter Unterbeschäftigung besuchte ich zusammen mit der anderen Volontärin, Sari, letzte Woche die "Casa de la Libertad". Ursprünglich von Jesuiten gebaut und bewohnt, wurde dort 1624 die dritte Universität ganz Lateinamerikas gegründet, die Universidad Mayor, Real y Pontificia de San Fransisco Xavier de Chuquisaca, kurz U.M.R.P.S.F.X.Ch. :p
Am 25. Mai 1809 ertönte dann der "erste Schrei nach Freiheit" im spanischen Kolonialreich. Dass die Bolivianer, resp. die damaligen bewohner von Alto Peru, dennoch am längsten brauchten um am 6. August 1825 endlich die Unabhängigkeit zu erlangen, könnte als symptomatisch für die bolivianische Mentalität betrachtet werden; lag aber in erster Linie daran, dass kein organisiertes Heer, sondern lediglich Guerrilla Gruppen im Einsatz standen. Als dann endlich die Profi-Befreier Simon Bolívar und Antonio Sucre eintrafen, hatten es die Bolivianer aber schon alleine geschafft. Weder Bolívar noch Sucre kämpften je in Bolivien. Dass das Land dennoch nach ersterem benannt wurde, war ein Akt der Besänftigung: Als Herrscher über Kolumbien und Peru hatte er in erster Linie deren Interessen zu verteidigen - und Peru war (warum auch immer) nicht begeistert davon, dass sich Alto Peru abspaltete und unabhängig wurde.
(Merkt man, dass mich Geschichte interessiert?)

Paläontologie
Anlässlich einer ICYE-Scure-Aktivität besuchten wir vor 2 Wochen den "Parque Cretácico" (nicht zu verwechseln mit Jurassic Park, das war einige zehn- oder gar 100 tausende Jahre früher). Der Park besteht aus 10 originalgetreuen lebensgrossen Dino-Modellen und der Aussichtsterasse, von der aus man Blick auf eine riesige Kalksteinwand hat, in der sich Dinosaurierfussabdrücke konserviert haben. Und zwar nicht nur vereinzelte, sondern mehrere Spuren die die Wand zum Teil fast von oben bis unten (oder umgekehrt) durchziehen. Ursprünglich war das übrigens keine beinahe senkrechte Wand, sondern ein See. Durch Sedimentsverlagerungen (oder was auch immer...) wurde der Grund des Sees allmählich aufgestellt. Schaut euch diese Fotos gut an, neben 30 Bs. (Bolivianer: 10Bs.) habe ich nämlich noch 5 Bs. für das Recht Fotos zu machen bezahlt. [Unser Koordinator Oscar hat uns als Einheimische reingeschleust, und sowieso wurde der Eintritt von ICYE bezahlt - aber trotzdem!]





"Hamma wieda was gelernt, ne?"

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

spitzenblog, immer wert ihn zu lesen, was man von anderen nicht immer behaupten kann ;]
danke, dass die bilder nun normal shiften ;)
schöner sonntag!

PS: Schweiz schlug österreich 3:1 und die neue miss schweiz ist unhübsch!

federico hat gesagt…

Super, Xenia! Wirklich sehr interessant und wunderschöne Bilder aus Bolivien. Wir geniessen hier den Indian Summer. Hoffentlich dauert er noch eine Weile. Gruss Federico

Anonym hat gesagt…

Ich glaube es kristallisiert sich langsam heraus was Du nächstes Jahr studieren wirst.Danke für Deinen informativen Blog,ich freue mich schon auf den nächsten.
Love Mam

Anonym hat gesagt…

Hallihallo!

Also vo mier ono es grosses Komplimänt a di! Schribsch super und es isch immer wieder interessant mal z'gseh und z'läse wies z'Bolivie so zue und här geit :-)

Glg

Anonym hat gesagt…

salut

i cha mi da nume ar jeannette aschliesse. all paar tag chume i cho luege, ob wieder eppis steit und i findes immer cool ds läsä, was du so alles erläbsch.

witerhin ä gueti ziit nd witer so mit dim blog

Sandra hat gesagt…

Hoi xenia!

Eifach super, di Blog! Und sehr lehrriich:-) hoffe dü hesch wiiterhin en gueti ziit!
ganz ä leebe gröss!