Donnerstag, 20. Dezember 2007

Vida cotidiana (Teil V)

Was macht denn die Xenia den ganzen Tag?
Villa Armonía ist eines der ärmsten Viertel in der Hauptstadt des ärmsten Departements des ärmsten Landes Südamerikas. Wer jetzt aber vor seinem geistigen Auge Bilder brasilianischer Favelas aufziehen sieht, liegt glücklicherweise falsch. Fenster oder Türen mögen zwar (teilweise) fehlen, aber die Häuser sind dennoch als einigermassen intakte und überdachte Lehmbauten zu bezeichnen. Halb nackt rennen die Kinder (temperaturbedingt) auch nicht herum, mögen ihre Kleider auch noch so oft geflickt (und unverständlich: schmutzig) sein.
Die Menschen die in Vila Armonía leben sind häufig vor nicht allzu langer Zeit vom Land in die Stadt gezogen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Für die Eltern wird es das wohl auch bleiben: nicht viel mehr als ein Traum, während sie sich ihren lebensunterhalt als Marktverkäuferinnen, Busfahrer, Köchinnen oder Gärtner verdienen.
Dafür dass zumindest ihre Kinder dereinst bessere Chancen haben, und niemand schlechter lebt als zuvor auf dem Land, dafür setzt sich mein Projekt ein. Dazu gehören eine Kinderkrippe, eine Schule, ein Kindergarten, eine Apotheke, ein Arzt, eine Zahnärztin, Lehrwerkstätten für Bäckerei, Schreinerei, Schneiderei und und das Coiffeurhandwerk und ein Schülermittagstisch, in dem ich arbeite.
Meine Arbeit besteht normalerweise darin vormittags ab neun Uhr den Kindern bei ihren Hausaufgaben zu helfen - die sie sonst wohl kaum erledigen würden - und für eine gewisse Ruhe im Saal zu sorgen. So um halb zwölf werden sie dann rausgeschickt und ich beginne mit den Vorbereitungen fürs Mittagessen und das anschliessende Abwaschen. Im Mittagstisch bekommen an die hundert Kinder fünfmal die Woche eine warme Mahlzeit und ein kleines Dessert. Dafür bezahlen sie im Monat gerade mal 30 Bolivianos (5 Franken), manche entsprechend der finanziellen Situation ihrer Eltern auch gar nichts.
Seit Anfang Dezember sind Schulferien, so dass wir einige Ausflüge unternommen haben und Englisch- bzw. Computerunterricht angeboten haben. Im Projekt arbeiten neben mir noch drei andere Freiwillige: zwei deutsche Zivildienstleistende und Anne, auch aus Deutschland, die in der Kinderkrippe die 1-2-jährigen betreut.
Seit Montag ist der Mittagstisch endgültig zu, so dass ich nun auf diversen Weihnachtsmärkten Güetzi und "Panetón Alemán" (sollte wohl Christstollen darstellen) des Bäckereiworkshops verkaufe.

Oh du fröhliche, oh du seelige...
Das ganze Weihnachtsbrimborium findet hier glücklicherweise in äusserst gemässigter Form statt. Auch von konstanter Weihnachtsmusikberieselung keine Spur - oder ich erkenne die Stücke einfach nicht als Weihnachtslieder. Dadurch ist es aber unerwartet schwierig in Weihnachtsstimmung zu kommen: auch weil die Temperaturen trotz Kälteeinbruch im zweistelligen Plusbereich liegen. Erst in den letzten Tagen sieht man vermehrt Weihnachtsschmuck, Weihnachtsmärkte, Weihnachtsangebote, etc. auftauchen.

Reise, Reise
Eigentlich hatte ich ja vor, erst Mitte Januar einen Teil meiner Reisezeit zu beziehen. Aus Gründen jenseits meiner Macht, und weil mein Arbeitsort auch gerade Ferien macht, werde ich nun aber schon nach Weihnachten damit beginnen Bolivien zu erkunden. Zusammen mit meiner Gastschwester reise ich zuerst für +/- eine Woche nach Santa Cruz, in den tropischen Teil des Landes. Wenn alles nach Plan läuft, werde ich dort einige ex-Jesuitenmissionen im Dschungel und die rätselhaften Ruinen von Samaipata besuchen.
Aus der Hitze dann ab in die Kälte: nach Uyuni zum grössten Salzsee der Welt, der sich dank Metallen nicht nur schneeweiss, sondern auch rostrot, grasgrün und meerblau zeigt.
Bilder und Berichte folgen im neuen Jahr!


E schöni Wiehnachtszyt, frohi Wiehnachte und e ganz e guete Rutsch ids nöie Jahr wünschi allne wo das hie läse :)

Sonntag, 2. Dezember 2007

Ciudad blanca negra

Es gibt Dinge, die muss man einfach chronologisch erzählen, um wenigstens einen Hauch von Ordnung in sich überstürzende Ereignisse zu bringen zu versuchen. Hier also mein Bericht Über die schweren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Studenten letzte Woche - und deren Folgen und Nachwehen.

Freitag, 23. November: Ein strahlend schöner Morgen und alles friedlich in meinem neuen Projekt in Villa Armonia. Doch der Frieden täuschte, und in gleichem Masse wie Wolken den Himmel bedeckten um sich schliesslich tiefschwarz zu einem Gewitter zusammen zu brauen, eskalierte im Zentrum Sucres die Situation.

Bereits am Vortag waren Gerüchte über die Ankunft von hordenweise Bauern aus La Paz, die Schliessung des Marktes und die Kappung der Wasserversorgung zirkuliert. Alles blieb aber zunächst friedlich, und nun also der Sturm nach der Ruhe. Knapp schaffte ich es nach Hause zu kommen: wegen einer sich formierenden Demonstration konnte mein Bus nicht seine übliche Route fahren, ich hatte folglich keine Gelegenheit in meinen Anschluss-Micro umzusteigen und fuhr Richtung Zentrum. Es gelang mir dann die Linie zu erwischen die mich nach Hause bringen sollte, zuerst aber hoch Richtung Friedhof fuhr. An den Strassenenden links und rechts brennende Reifen und schliesslich eine Ladung Tränengas (eklig das Zeug). Der Fahrer sah ein, dass es so nicht mehr ging und kehrte um. Gerade noch schafften wir es raus aus dem Zeug, denn schon waren sie dabei die Strasse mit Bauschutt zu blockieren, den wir erst zur Seite räumen mussten.

Was war passiert? Gegen Mittag war die Nachricht, dass die verfassungsgebende Versammlung ("Asamblea") die Verfassung im grossen angenommen hätte, zu den Studenten durchgesickert. Da ergriff die Sucrenser Politikjugend Torschlusspanik: schliesslich war noch immer nicht über die Hauptstadtfrage diskutiert worden und überhaupt war diese Versammlung der Asamblea (wie auch sonst so einiges im Prozess der neuen Verfassung) nicht ganz sauber. Stattgefunden hatte sie nämlich in einem Militärqartier ausserhalb der Stadt, geschützt von einem massiven Polizei- und Militäraufgebot, sowie von drei Ringen Bauern aus La Paz, die der gute Evo Morales - oder einer seiner Komparsen - mit Bussen herangeführt (und wohl auch bezahlt) hatte. Zudem wurde die Opposition gar nicht erst reingelassen, auch wenn die regierende MAS-Partei (Movimiento al Socialismo) alleine sowieso schon fast die Hälfte der Asambleistas stellt.
Zeitgleich allerdings beschloss die Volksversammlung Sucres den zivilen Ungehorsam, das heisst die nicht-Akezeptanz der neuen Verfassung, auch wenn deren genauer Text bis heute nicht an die Öffentlichkeit gelangt ist - die Annahme der Verfassung für Sucre also bedeutungslos war. Aber da waren die Studenten schon auf der Strasse und es begann das alte Spiel von Tränengas und Gummischrot auf der einen, Steinen und brennenden Reifen auf der anderen Seite. Diesmal allerdings in ungeahnter Heftigkeit.
Am Donnerstagabend hatten die Ponchos Rojos nahe La Paz auf brutalste Art als Warnung an die Präfekten und zur Verteidigung der Asamblea zwei Hunde erhängt und geköpft, die Bilder jener Gräueltat beruhigten die angeheizte Stimmung keineswegs.


Samstag, 24. November: Die Misshandlungen der Polizisten gegenüber den Studenten riefen auch die nach draussen, die den ersten Rufen nicht gefolgt waren: weitere Studenten, aber auch deren Mütter, Väter und Grosseltern. Ein Teil des Mobs verlagerte sich vom Stadtzentrum ins Viertel "El Tejar", nahe des erwähnten Militärquartiers gelegen (aus welchem Übrigens in der Morgendämmerung die Asambleistas evakuiert wurden - durch ein Flussbett hindurch und unter massivstem Polizeischutz).

Bis zum Abend waren zwei Todesopfer auf der Studentenseite zu beklagen, ein junger Anwalt und ein Wirtschaftsstudent, getötet durch sogenannt scharfe Munition - obwohl die Polizisten anscheinend nur Gummischrot verwendeten... Dazu kamen die weit über 100 zum Teil schwer Verletzten und all diejenigen mit Vergiftungserscheinungen durch das grosszügig und rücksichtslos eingesetzte Tränengas. Ausserdem kursierte die Nachricht über den Tod eines Polizisten, von dem aber komischerweise keine Leiche zu finden war - heute vermuten die Leute, dass es ein Venezolaner war, der ausser Landes gebracht wurde, lebendig allerdings.
Mit dem absoluten Frieden in unserer Gegend war es dann auch vorbei, da das Studio vom Unifernsehen, welches natürlich alles (und nicht gerade neutral!) zeigte und kommentierte. Um die Polizisten an der Schliessung zu hindern, zogen die Leute los - auch hier: Tränengas und brennende Reifen.

Sonntag, 25. November: Am Vormittag wurden aus strategischen Gründen welcher Art auch immer sämtliche Polizeikräfte aus Sucre abgezogen.

Im Gefängnis San Roque kam es zu einem Massenausbruch von 160 Häftlingen und der weitgehenden Zerstörung des Gebäudes. Dachte man zuerst, die Studenten hätten den Kriminellen zur Flucht verholfen, ist heute die Rede davon, die abziehenden Polizisten hätten dieselbigen freigelassen um der Bevölkerung zu schaden. (Arbeitsbeschaffung einmal anders)
Die ausser Rand und Band geratenen Studenten sahen sich ihres Gegners beraubt und begannen damit, Gebäude (Polizeiquartiere) und Autos anzuzünden. In den Quartieren wurden Bürgerwehren organisiert, Jugendliche mit Mofas und Handies rekrutiert, Notrufnummern eingerichtet und auch die privaten Sicherheitsdienste wurden in den Plan miteinbezogen.

Anarchie?
Montag, 26. November: Keineswegs, alles soweit friedlich. Wir Sucrenser brauchen doch keine Polizeigewalt um Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten, ganz im Gegenteil... Am Morgen war ein weitere Student seinen Verletzungen erlegen.
Am Nachmittag dann die Beerdigung der beiden ersten getöteten jungen Männer. Von der Plaza aus bewegte sich der Umzug hoch zum Friedhof. Ein Blick zurück: ein Menschenmeer, zehn Blocks lang, darin Blumenkränze, die bolivianische Trikolore und die Flagge Chuquisacas mit schwarzem Trauerflor; lauthals skandierend "Evo asesino, fuera de Bolivia" [Evo Morales, Präsident von Bolivien], "Silvia criminal" [Silvia Lazarte, Präsidentin der verfassungsgebenden Versammlung] und "Linera terrorista" [Linera, Vize-Präsident Boliviens]. Ausserdem "Fusil, metralla, Sucre no se calla!" [Gewehr, MG, Sucre schweigt nicht!]


Die Polizisten kehrten nicht zurück, dafür trudelte ein Teil der entlaufenen Häftlinge wieder ein und die Leute brachten teilweise das zurück, was sie aus dem Gefängnis geplündert hatten :) Es gab keinerlei Anzeichen von Plünderungen, Gewaltakten oder anarchieähnlichen Zuständen.

Erst am Donnerstag trauten sich die Polizisten wieder nach Sucre, wo sie momentan in einer Turnhalle residieren, in Ermangelung ihrer, den Brandstiftungen zum Opfer gefallenen, Quartiere. Die vier Tage ohne Polizei vergingen ohne grössere Zwischenfälle, abgesehen von den Schüssen auf Geldautomaten und einigen Autodiebstählen (als ob es die sonst nicht auch gäbe). Endlich sind nun also auch die Banken wieder offen und die olivgrünen Männer stehen wieder winkend auf den grösseren Strassenkreuzungen.

Für eine neutrale Sicht von aussen auf die Geschehnisse bitte hier klicken.

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Für alle die, die schon immer gerne einen Kommentar hinterlassen wollten, es aber aus unerfindlichen Gründen nicht fertigbrachten, hier eine Anleitung in 6 Schritten:
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Mittwoch, 14. November 2007

Entre Ríos, Tarija

Campamento
Richtige "Ferien" gibt es zwar erst Ende Januar, aber dank einem (freiwilligen) ICYE-Camp kam doch mal etwas Abwechslung in mein bolivianisches Alltagsleben. Auch wenn ich mich eigentlich nicht gross beklagen kann, so ganz richtig hat sich das Gefühl von grauerRoutine nämlich noch nicht eingestellt.
Zusammen mit den anderen Sucre-Austauschern (mit Ausnahme von Esther, meiner Landsfrau) fuhren wir am Mittwochnachmittag gegen drei Uhr Richtung Tarija los. Bis kurz nach Potosí war die Fahrt ja noch einigermassen angenehm (d.h. die ersten 4 Stunden). Danach jedoch verliessen wir die asphaltierte Strasse und holperten im Dunkeln durch zahlreiche Umleitungen - an einer besseren Strasse nach Tarija wird schon seit Jahren gebaut, aber das braucht eben Zeit.
Nach 12 Stunden Fahrt kamen wir früh morgens um 6 in Tarija an. Kleiner, grüner und sauberer als Sucre. Den Tag verbrachte ich mit Verwandten meiner Gastfamilie (meine Gastmutter hat Geschwister in nahezu jeder grösseren Stadt Boliviens, kein Wunder bei 8 Stück). Für die 110 Kilometer nach Entre Ríos, unserem Bestimmungsort, brauchten wir fast 4 Stunden - stellt euch bitte eine schmale, unasphaltierte, kurvige Strasse vor...
Im Camp selber genossen wir für drei Tage Natur pur und den Austausch mit unseren Schicksalsgenossen. Auf dem Programm standen ausserdem Reiten, Schwimmen im Fluss, Spaziergang durch die Gegend, Kanufahren im Teich, Abseilen an einer (kaum 4m hohen) Mauer, Besuch einer lokalen Schule&Fussballfreundschaftsspiel, Sightseeing in Downtown Entre Ríos und am letzten Tag Spaziergang durch Urwald (nicht Dschungel!) ähnliches Gebiet um Wasserfälle zu besichtigen.
Drei schöne Tage, allerdings ziemlich wenig wenn man die Anreisezeit von fast 20 Stunden bedenkt. Ich bezahlte das dann auch mit einer Erkältung die an graue, nasse und kalte November erinnerte - und das bei der Hitze, die zumindest am ersten Tag in Entre Ríos geherrscht hat...

http://www.lib.utexas.edu/maps/americas/bolivia_pol93.jpg

Entre Ríos, Tarija


(zurück bei Picasa :))

Der iiih-dee-atsche - oder das neueste politische Ärgernis
Ja, dieser IDH hätte tatsächlich das Zeug zum Unwort wenigstens des Monats aufzusteigen, so oft sieht, hört und liest man darüber. Konkret bezeichnet IDH die Einkünfte aus den Steuern auf Öl, Gas, Diesel&Co., von denen bisher ein Grossteil an die Präfekturen der verschiedenen Departemente gegangen ist. Der gute Evo Morales, Präsident Boliviens, indigener Abstammung, mit über 55% der Stimmen gewählt und Angehöriger des MAS - Movimiento al Socialismo - hat nun aber seinen neuesten Coup gelandet: die "Renta Dignidad". Diese Rente der Würde sichert allen, ausnahmslos allen, über 60-jährigen Bolivianern 200 Bolivianos/Monat zu. Das finden aber Präfekturen, Universitäten, aber auch ältere Leute gar nicht toll - wieso sollen diese Campesinos (vgl. Subventionen an Bergbauern), die ihr Leben nicht gearbeitet haben, jetzt Geld bekommen?
Konsequenz? Das übliche: Demos und Bloqueos, natürlich nur in den Provinzen, die sowieso Regierungskritisch eingestellt sind.

Projekt
Was anfangs einfach perfekt schien, zeigt je länger je mehr Makel: meine Arbeit bei der A.S.E. ist leider immer weniger das, was ich mir vorgestellt habe. Anstatt die Umwelt Sucres zu retten, verbringe ich meine Zeit hauptsächlich im Büro mit Zeitungslesen oder Dokumenten einscannen. Auch so tolle Aktionen wie die Stofftaschen auf dem Markt verteilen oder den Schulen Mülleimer zu schenken vermögen nicht darüber hinweg zu täuschen, dass die A.S.E. eher informativ als aktiv handelt. Auch über den allzu lockeren Umgang mit Geld (aus dänischer, englischer und schweizer Entwicklungshilfe) kann ich nicht länger einfach hinwegsehen. Momentan bin ich also damit beschäftigt, ein neues Projekt ausfindig zu machen. Ein Projekt, in dem ich gebraucht werde und das Gefühl habe etwas zu bewirken. Denn dazu bin ich ja schliesslich hier, um etwas sinnvolles zu machen.

Montag, 5. November 2007

Vida cotidiana (Teil IV)

Tia Domingas Garten
Der Frühling kommt, die Vöglein zwitschern, die Gräslein spriessen. Zeit für einen Rundgang durch den Garten von Tia Dominga. In dem es einen Granatapfelbaum, einen Aprikosenbaum, mehrere Pfirsichbäume, einen Apfelbaum, einen Zwetschgenbaum, einen Kaktus der Früchte trägt und was weiss ich noch was alles hat. Im Moment hängen an den Bäumen noch nicht viel mehr als kleine, grüne Kügelchen, aber ich freue mich schon, wenn die Früchte alle reif sind :)

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(photobucket weigert sich momentan eine Slideshow zu erstellen, und ich muss den PC frei machen)

Matrimonio
Vergangenen Sonntag hatte ich die Gelegenheit an einer Hochzeit der Unterklasse teilzunehmen. Die Braut war die schwangere 16-jährige Nichte, des Mädchens, das uns immer sonntags putzen hilft. Die (zivile) Trauung fand im Wohnzimmer des Hauses statt, in dem auch die Mutter, die Geschwister, die grossmutter und diverse Tanten und Cousinen der Braut leben. Dasselbige war mit Klopapier-ähnlichen Girlanden geschmückt, ganz abgesehen von den mehr oder minder kitschigen Nippes und den Plüschtieren auf der Wohnwand. In der Ecke brummte der Kühlschrank vor sich hin, und die Musik zum anschliessenden Hochzeitswalzer schepperte aus dem Fernseher, der dazu fröhliches Schneegestöber ausstrahlte.
Obwohl mehrmals betont wurde, dass Braut und Bräutigam freiwillig hier seien, wurde ich den Eindruck nicht ganz los, dass es eine Heirat unter Druck war - wie sagte doch die Mutter (33) der Braut: "Ich will nicht, dass meine Tochter so endet wie ich". Gerade glücklich wirkte das Brautpaar ja auch nicht.
Nach vollzogenem Trauakt und verstreutem Konfetti ging es mit Tanzen und Trinken los. Ich konnte den Verdacht nicht unterdrücken, dass das "feiern" und vor allem das kollektive Besäufnis (Sprudel, Bier, Wein, Chuflay, Chicha, Chicha, Chicha) weniger Ausdruck von Freude als viel mehr ein Versuch war, die Tragödie dieser viel zu frühen Hochzeit zu vergessen.

Todos Santos
Am 1. und 2. November wurde hier Allerheiligen gefeiert. Wobei eigentlich weniger der armen Heiligen gedacht wurde, die keinen Platz im Jahreskalender der Heiligen gefunden hatten (ursprüngliche Bedeutung), sondern der verstorbenen Familienangehörigen. Man glaubt, dass diese am 1. um halb eins mittags ankommen und 24 Stunden unter uns weilen. Deshalb wird ein Tisch mit Getränken und Essen vollgeladen, das für sie reserviert ist. Erst am 2. November abends, nach 3 Vater Unser und 3 Ave Marias zu Ehren der Seelen der Toten, ist es uns Lebenden gestattet, diese Nahrungsmittel anzurühren. Am 1. stand ein Besuch auf dem Friedhof bevor - einer der schönsten Plätze Sucres und normalerweise total friedlich. An jenem Tag jedoch hoffnungslos überfüllt - wir waren nicht die einzigen, die Blumenschmuck erneuerten und Gebete für die Verstorbenen sprachen.
Am 2. November finden die sogenannten "Canchacos" statt. Wenn in einer Familie im Vorjahr jemand gestorben ist, steht an diesem Tag das Haus allen (auch wildfremden) offen um der/dem Toten zu gedenken. Wer auch immer zu Besuch kommt, wird verpflegt und mit einer Tüte mit Gebäck bedacht. beim Eintreffen legt man eine Schweigeminute vor dem Tisch mit Foto, Gebäck, Getränk, Girlanden und Blumen ein und auch später kann immer mal wieder jemand darum bitten, am Gebet teilzunehmen. Vor dem Canchaco zu Ehren der Cousine meines Gastvaters war Kirchgang angesagt. Allerdings trudelten wir (beabsichtigt?!) so spät ein, dass die predigt schon vorüber war und nur noch gebetet und Abendmahl abgehalten wurde.

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10 Gebote des Micros
Man erinnert sich: die ehemaligen japanischen Schul- und Clubbusse, die das einzige öffentliche Verkehrsmittel darstellen und die Luft Sucres verpesten; und in denen Begriffe wie "Halt auf Verlangen" und "Trittbrettfahren" eine völlig neue Dimension erhalten. Bloss weil aber jeder, vom Arzt bis zum Schuhputzer Micro fährt, heisst das noch lange nicht, dass es keine Regeln gibt. Dieselbigen werden auf diversen bunten Stickern kundgetan:
  • Si usted salio tarde, no es culpa del chofer.
    (Wenn Sie zu spät losgegangen sind, ist es nicht die Schuld des Fahrers) -> Mein Favorit
  • No pide velocidad, pide seguridad.
    (Verlange nicht Geschwindigkeit, verlange Sicherheit.)
  • Mejor perder un minuto en la vida, que la vida en un minuto.
    (Besser eine Minute im Leben verlieren, als das Leben in einer Minute)
  • No maltrate los asientos, cuidelos.
    (Misshandle nicht die Sitze, gib acht auf sie.)
  • No fumar.
    (Nicht rauchen)
  • No escupir.
    (Nicht spucken)
  • Los primeros dos asientos son reservados para personas mayores.
    (Die ersten zwei Sitze sind für ältere Personen reserviert.)
  • Mayores de 5 años pagan su pasaje.
    (Kinder ab 5 Jahren zahlen ihren Fahrpreis.)
  • No distraiga al chofer.
    (Lenken Sie den Fahrer nicht ab.)
  • Ojó, no pague con billetes falsos.
    (Achtung, zahlen sie nicht mit Falschgeld.)


Fortsetzung folgt!

Donnerstag, 25. Oktober 2007

Vida cotidiana (Teil III)

Paro Civico oder Nix geht mehr

Schon zum zweiten Mal nach dem 9. Oktober kommen wir heute in den zweifelhaften Genuss eines Paro Civicos - Zivilstreik. Ging es das letzte Mal darum, die Regierung dezent darauf hinzuweisen doch bitte mit dem Bau der Überlandstrasse Potosí-Sucre-Tarija weiterzumachen, haben die Chuquisaqueños für heute ihr Lieblingsthema ausgegraben: Capitalidad plena.
Konkret bedeutet das, dass heute sämtliche Schulen, Büros, Museen, Läden und natürlich die Universität geschlossen sind; zusätzlich verkehren keine Busse und theoretisch auch keine Taxis (einige besonders schlaue Taxifahrer arbeiten natürlich trotzdem und nutzen das Gesetz von Angebot und Nachfrage so richtig schön aus). Die einzigen, die zumindest beim letzten Streik nicht mit gemacht haben, waren die Märkte. (Wann haben die Leute auch besser Zeit zum einkaufen als an einem freien Tag?) Für den Nachmittag ist eine Demonstration im Zentrum angesagt.
Das Zweifelhafte an der ganzen Sache ist einerseits die Frage nach dem Nutzen: lässt sich die Regierung tatsächlich davon beeindrucken, wenn sich ein ganzes Departement einen freien Tag gönnt, wenn ja wochenlange Hungerstreiks und schwere Demonstrationen nichts gebracht haben? [Zur Erinnerung: Sucre möchte, dass in der verfassungsgebnden Versammlung (Asamblea Constituyente) darüber diskutiert wird, den Regierungssitz wieder nach Sucre zu verlegen]
Auf der anderen Seite ist die Frage nach dem Schaden: es kann wirtschaftlich unmöglich sinnvoll sein, immer mal wieder ganze Tage nicht zu arbeiten. Die Abschlussprüfungen der Universität werden wahrscheinlich um bis zu einem Monat verschoben werden müssen, da einfach zu viele Vorlesungen ausgefallen sind.
Das scheint sie also zu sein, die berüchtigte Arbeitsmoral :) Weiteres Beispiel gefällig? Mittwoch, 17. Oktober: Fussballspiel Kolumbien-Bolivien, Teil Vorausscheidung für die WM 2010. Kurzerhand erhalten sämtliche Administrationsangestellte, Beamte&Co., einen freien Nachmittag um sich in Ruhe den Match anschauen zu können!

Potosí
Anscheinend die höchste Stadt der Welt auf 4300m.ü.M. gelegen. Mit meinem Projekt hatte ich vorvergangenes Wochenende die Gelegenheit einen (Arbeits-)Ausflug dorthin zu unternehmen. Samstagmorgens um 7 Uhr früh stand ich bereit und warm angezogen vor der Tür. Und stand, und stand, und stand. Ich kam mir vor wie das Grossmütterchen in dem unsäglichen Spot gegen das Verlassen der alten - fertig angezogen und alles, und dann fährt die Familie ohne sie aufs Land. Um halb zehn hatte ich mich endgültig von der Vorstellung nach Potosí zu reisen verabschiedet.
Nachmittags klingelte das Telefon und der Verantwortliche teilte mir ganz unschuldig mit, dass wir heute nicht nach Potosí gefahren waren. Ach, ne? Von Entschuldigung keine Spur, stattdessen eine oberfaule Ausrede (Lüge!) und der Versuch, die Schuld auf meine Mitaustauscherin zu schieben.
Und so stand ich am Sonntag wieder um 6 auf und fuhr pünktlich um sieben tatsächlich doch noch nach Potosí. Oder besser gesagt: wir hötterlten zu siebt (4 hinten, 3 vorne) in einem 25-jährigen Kombi (zum dem später ein Ingenieur meinte: "In dem Gefährt seid ihr aus Sucre gekommen? Dios mio!") nach Potosí. Wobei der dritte Mann vorne 50m vor jedem Kontrollposten aussteigen und diesen zu Fuss passieren durfte...). Von der Stadt selber sahen wir nicht viel, da unser Besuch den Becken galt, in denen das Wasser (wenn man diese schwarze, schäumende, stinkende Brühe noch so nennen kann), das von den Minen kommt gesammelt wird - auf dass sich die Schwermetalle sedimentieren. Anschliessend wird es gefiltert, und tatsächlich, unten kommt klares Wasser raus. Wie wir Bergbewohner aber schon längst wissen: klares Wasser ist nicht gleich sauberes Wasser. Noch vor zwei Jahren allerdings wurde das Wasser direkt in den Fluss geleitet, so dass heute doch ein gewisser Fortschritt zu erkennen ist. Aber es bleibt noch viel zu tun ;)

Filmtipp


Unbedingt anschauen: The Devil's Miner. Dokumentalfilm über einen 14-jährigen jungen, der seit 4 Jahren schon in den Minen des Cerro Rico in Potosí arbeitet. Er lebt zusammen mit Mutter, Bruder und Schwester in einer kleinen, unbeheizten Steinhütte an den Hängen des Berges. Insgesamt arbeiten noch immer rund 800 Kinder in den Minen - ohne jegliche Sicherheits- oder Schutzmassnahmen (Masken, Brillen, etc.), zum Lohn von maximal 4 Dollar/Tag. Die Mineros werden kaum je älter als 40 Jahre, da sie vorher an Silicosis (Staublunge) sterben. Erschütternd und traurig genug an sich, aber was das ganze für mich noch viel bedrückender macht, ist die Tatsache, dass es so verdammt nah ist - das sind nicht irgendwelche hungernden Afrikaner oder kranke Asiaten, sondern Menschen die kaum 2 Stunden entfernt von hier heute so leben.

Kulinarik 1 - La papa
Anscheinend kennt man in Bolivien über tausend verschiedene Kartoffelsorten. Nur logisch also, dass die Kartoffel einen wichtigen Bestandteil in der bolivianischen Küche bildet. Zu jedem Gericht werden Kartoffeln in der einen oder anderen Form serviert - Salzkartoffeln, Bratkartoffeln, Pommes Frites. Ganz unabhängig davon, ob das Gericht schon Reis oder Nudeln beinhaltet. Ohne "papas" geht nichts. Das geht sogar soweit, dass zu Süsskartoffeln Kartoffeln gereicht werden.
Den bisherigen Höhepunkt der bolivianischen Papamanie war allerdings der Besuch im China-Restaurant. Da waren doch auf meinem Teller neben Reis und Poulet süss-sauer tatsächlich Kartoffeln!

Wändemalen
Jap, letztes Wochenende war es endlcih soweit: wir, respektive einige A.S.E.-Freiwillige, die Pfadis und die Kinder von Ñanta und Urkupiña (Bibliotheken für sinnvolle Freizeitgestaltung von Kindern aus ärmeren Barrios), haben Wände bemalt. Dass die Sonne heiss vom Himmel knallte, dass uns die gelben Pigmente ausgingen, dass statt 25 45 Kinder gekommen waren und wir zu wenige Sandwiches&Getränke hatten, dass auch Pinsel fehlten - darüber wollen wir nicht sprechen. Das Resultat scheint jedenfalls zu stimmen (auch wenn ich es noch nicht gesehen habe).




Fortsetzung folgt!

Samstag, 13. Oktober 2007

Lektion 1

Nicht nur im Spanischunterricht, sondern auch sonst lerne ich hier ständig Sachen aus den verschiedensten Bereichen. Dieses Wissen möchte ich natürlich niemandem vorenthalten, und so werde ich euch heute eine erste Lektion erteilen :)

Meteorologie
Surazo: Am Vortag noch in kurzen Hosen und T-Shirt unterwegs (siehe auch "Vida cotidiana (Teil II): Auf's Land!) und am nächsten Morgen ist der Himmel bedeckt. "Das wird schon noch werden, bis jetzt ist die Sonne noch jeden Tag rausgekommen...", denkste: Novemberwetter aus dem Bilderbuch. Nebel, Nieselregen, eisiger Wind und Temperaturen, die wohl kaum die 10 Grad Marke überschritten haben dürften (erschwerend kam natürlich noch der Chill-Faktor hinzu). Vier Schichten, Schal und am liebsten auch noch Handschuhe halfen, die zwei eisigen Tage, die wir dem Wind aus Argentinien verdankten, zu überstehen. Dass wir ausgerechnet am ersten Surazo-Tag ein oberhalb von Sucre gelegenes Projekt besuchten und im Freien mit dessen Leiter plauderten, war wohl schlichtweg Pech.
Beruhigend ist, dass solche Kälteschübe nie länger als drei Tage anhalten - kaum hätte man sich daran gewöhnt, kommt auch schon wieder die Sonne zum Vorschein...
Chaqueo: Erst dachte ich ja: verdammt, Sucre ist smogiger als ich bisher angenommen habe, doch bald schon wurde ich in die wahren Gründe für den Dunst am Horizont eingeweiht. Erstmal ist das kein Dunst, sondern Rauch und zweitens sind (wie so oft) die Campesinos schuld. Um Anbauflächen zu gewinnen, brennen sie Waldstücke nieder. Zumindest theoretisch, denn praktisch gerieten diese Feuer ziemlich ausser Kontrolle, schliesslich befinden wir uns am Ende der Trockenzeit... Brände hatte es vor allem in den Departements Beni, Santa Cruz (wo wegen dichten Rauchs 5 Flughäfen geschlossen werden mussten...) und Tarija, weniger in Chuquisaca - aber dank Kollege Wind konnten auch wir hier uns ab richtig schön verschmutzter Luft freuen. Und ich durfte endlich deren Effekte am eigenen Leib erfahren (vergleiche: "Gente trabajadora: Tag des Fussgängers - Chronik): irritierter Hals, entzündete Augen, abendliche Kopfschmerzen und spriessende Pickel ;)
Die bolivianischen Truppen brachten die Sache (mit Hilfe der Argentinier und nachdem in Santa Cruz der Notstand ausgerufen worden war) die Sache unter Kontrolle, und inzwischen haben die ersten kleineren Regenfälle die Luft gereinigt.


Religion
Entrada de la Virgen de Guadalupe: Eine der unzähligen heiligen Jungfrauen des katholischen Glaubens. Fragt mich bitte nicht, was genau die Gute getan hat, aber jedenfalls hat sie es zur Stadtheiligen von Sucre gebracht. Am 5. und 6. Oktober fand die lange erwartete und wegen der Demonstrationen mehrmals verschobene Entrada zu Ehren eben dieser Guadalupe statt, bei der die TänzerInnen vor ihrer Büste (?) ein Versprechen ablegen. Schon eine Woche vorher bildeten sich vor den Verkaufsständen für Trottoir-Abschnitte (verzeiht den Helvetismus) zu langen Wartezeiten und anscheinend sogar zu handgreiflichkeiten. Am Freitag wurden rund um die Plaza Holztribünen aufgestellt, und für den Verkehr gab es im Zentrum kein Durchkommen mehr - als Blockaden dienten unzählige (Fr)essstände. Der erste Tag der Entrada ist für die Schulen reserviert, früh übt sich wer später mal bei dengrossen mittanzen will. Auch wenn die Tänze an sich nicht das Problem sind, vielmehr ist es eine Frage der Ausdauer, geht der Umzug doch durch die ganze Stadt - und beginnt von neuem. Das spezielle sind die zum Teil sehr aufwändigen Kostüme, Kleider und Masken, auch wenn mich die Musik fast mehr ansprach. Ebenso wie verschiedene Gruppen mitmachen, werden auch verschiedene Tänze getanzt. Stark vertreten waren Caporales (die mit den Miniröcken), daneben hatte es auch Tobas (die mit dem Federschmuck), Huacahuacas (die mit den 20 Röcken übereinander), Morenadas und was weiss ich noch was alles :)



Geschichte
Anlässlicher akuter Unterbeschäftigung besuchte ich zusammen mit der anderen Volontärin, Sari, letzte Woche die "Casa de la Libertad". Ursprünglich von Jesuiten gebaut und bewohnt, wurde dort 1624 die dritte Universität ganz Lateinamerikas gegründet, die Universidad Mayor, Real y Pontificia de San Fransisco Xavier de Chuquisaca, kurz U.M.R.P.S.F.X.Ch. :p
Am 25. Mai 1809 ertönte dann der "erste Schrei nach Freiheit" im spanischen Kolonialreich. Dass die Bolivianer, resp. die damaligen bewohner von Alto Peru, dennoch am längsten brauchten um am 6. August 1825 endlich die Unabhängigkeit zu erlangen, könnte als symptomatisch für die bolivianische Mentalität betrachtet werden; lag aber in erster Linie daran, dass kein organisiertes Heer, sondern lediglich Guerrilla Gruppen im Einsatz standen. Als dann endlich die Profi-Befreier Simon Bolívar und Antonio Sucre eintrafen, hatten es die Bolivianer aber schon alleine geschafft. Weder Bolívar noch Sucre kämpften je in Bolivien. Dass das Land dennoch nach ersterem benannt wurde, war ein Akt der Besänftigung: Als Herrscher über Kolumbien und Peru hatte er in erster Linie deren Interessen zu verteidigen - und Peru war (warum auch immer) nicht begeistert davon, dass sich Alto Peru abspaltete und unabhängig wurde.
(Merkt man, dass mich Geschichte interessiert?)

Paläontologie
Anlässlich einer ICYE-Scure-Aktivität besuchten wir vor 2 Wochen den "Parque Cretácico" (nicht zu verwechseln mit Jurassic Park, das war einige zehn- oder gar 100 tausende Jahre früher). Der Park besteht aus 10 originalgetreuen lebensgrossen Dino-Modellen und der Aussichtsterasse, von der aus man Blick auf eine riesige Kalksteinwand hat, in der sich Dinosaurierfussabdrücke konserviert haben. Und zwar nicht nur vereinzelte, sondern mehrere Spuren die die Wand zum Teil fast von oben bis unten (oder umgekehrt) durchziehen. Ursprünglich war das übrigens keine beinahe senkrechte Wand, sondern ein See. Durch Sedimentsverlagerungen (oder was auch immer...) wurde der Grund des Sees allmählich aufgestellt. Schaut euch diese Fotos gut an, neben 30 Bs. (Bolivianer: 10Bs.) habe ich nämlich noch 5 Bs. für das Recht Fotos zu machen bezahlt. [Unser Koordinator Oscar hat uns als Einheimische reingeschleust, und sowieso wurde der Eintritt von ICYE bezahlt - aber trotzdem!]





"Hamma wieda was gelernt, ne?"

Mittwoch, 3. Oktober 2007

Vida cotidiana (Teil II)

Tag des Baumes
Gestern (oder heute, je nach Quelle) war Welttag des Baumes. Wir von der A.S.E. bauten unseren Pavillon auf und verschenkten gut 130 Bäumchen. Natürlich nicht einfach so: man musste sich verpflichten das "grüne Kind" zu hegen und zu pflegen - und die Adresse angeben, damit wir auf Kontrollbesuch kommen können :) Obwohl ich ehrlich gesagt bezweifle, dass es je soweit kommt. Die Befürchtung, dass keine Leute kommen, bewahrheitete sich nicht. Im gegenteil, wir hätten noch viel mehr Setzlinge vergeben können, wenn wir denn mehr gehabt hätten - und unsere Aktion auf den Nachmittag ausgedehnt hätten. Laut Statistik hat Sucre Bäume dringend nötig: Auf 14 Einwohner kommt hier gerade mal ein Baum. Um "saubere" Luft zu haben, wären 28 Bäume pro Einwohner nötig. Scheint ziemlich viel, aber wenn man sich die zahlreichen Taxis und Minibusse (und deren Abgas-Bilanz) anschaut, wird's wohl schon so sein. Um halb eins, nach gerade mal 2 Stunden, war schliesslich nur noch ein einsamer Setzling übrig und von Mitleid gepackt adoptierte ich den armen Waisen.
Und so kam es, dass ich heute über 1 Stunde damit verbrachte ein Loch für den Kleinen zu buddeln. 60x60x60cm gross sollte es laut Anleitung werden - kein Problem, dachte ich in gedanken an Mamis Gemüsegarten, eine Mäusebeerdigung und Balkon-Blumenkistchen... Tatsächlich war die Erde nicht so trocken wie sie aussah. Trockener. Und so gab ich mich mit 20cm Tiefe zufrieden. Auf dass mein Sprössling gedeihe (und nicht dem Hund zum Opfer falle)!



Der Küchenmatch
oder: eine Frage der Ehre
Da die Maxime meines Blogs darin besteht, theoretisch jederzeit auch für zufällig hereinschneiende Surfer einigermassen interessant zu sein, verzichte ich darauf, mich ausgiebig über meine Arbeit in der Küche auszulassen.



Von allgemeinem Interesse dürfte höchstens sein, dass Männer sich hier tatsächlich nicht - und zwar überhaupt nicht - an der Hausarbeit beteiligen. Dass sie nicht kochen, klar. Dass sie nicht abwaschen, ok. Dass sie nicht einmal ihren Teller in die Küche tragen, arg. Dass aber der Bruder seine Kleider von seiner Schwester waschen lässt (von Hand wohlgemerkt), schwer zu glauben. Da stand die arme Soraya letzten Sonntag wohl an die 6 Stunden am Waschtisch um Wäsche von Mutter, Bruder und Vater zu waschen (während die Mutter das Haus putzte, und die männlichen Familienmitglieder fernsahen). Soviel zum Thema patriarchalische Familienstrukturen. Da würde ich als Mann ja auch bis 30 zu Hause wohnen bleiben, bei so einem Service!




Auf's Land!
"Ir de paseo" - einen Spaziergang machen - nennt man hier anscheinend, was wir gemeinhin als "Wanderung" bezeichnen würden. Man nehme: Freundinnen, geländegängigen Jeep, Vater als Fahrer und Guide, Verpflegung, Outfit und einen schönen Tag (was sich hier als Bedingung so gut wie erübrigt, da es schlichtweg keine Schlechtwetter-Tage gibt...dachte ich zumindest. Doch das ist eine andere Geschichte).
So zogen wir also am Sonntag vor einer Woche nach Mamahuasi ("Mutters Haus" (Quetchua)) los. Ich lasse lieber Bilder sprechen, deshalb vorab nur soviel:
  • Es war sehr, sehr schön. Ich bin halt ein Kind vom Lande :)
  • Das Picknick entpuppte sich als vollständige Mahlzeit mit Poulet, Reis, Kartoffeln, Salat (Besteck, Teller und Gläser verstehen sich von selbst). Zusammen mit dem Znüni erklärte sich auch, weshalb jede/r einen mittelgrossen Rucksack mitschleppte.
  • Wanderweg oder ähnliches gab es nicht. Wir fuhren mit dem Jeep bis es nicht mehr weiter ging, dann "spazierten" wir über Stock und Stein. Gelobt seien meine Wanderschuhe!
  • Das Bad im Fluss fiel ins Wasser. Oder eben nicht. Kaum Wasser, dafür reichlich Algen&Leben...





Fortsetzung folgt!

Samstag, 22. September 2007

Gente trabajadora

Das ist nicht nur der unsägliche Jingle der unsäglichsten Radiostation die man sich vorstellen kann - nur Geschwafel, alle zehn Minuten die gleichen Werbeeinspielungen, und das jeden Tag 6 Stunden lang - sondern auch der Teil der Bevölkerung, zu dem ich seit kurzem gehöre. Aber mehr dazu später in diesem Blog ;)

21. September
Tag des Frühlings, der Jugend, der Liebe, der Studenten, der Ärzte und der Automechaniker (sagte zumindest jemand). Ja, während in der Schweiz wohl schon bald der Winter einbricht, werden hier die Tage wärmer und alle freuen sich auf den Frühling. Und weil die Arbeitsmoral in den katholischen Ländern Südamerikas bekanntlich nicht sonderlich ausgeprägt ist, wurde der 21. September kurzerhand zum Feiertag erklärt. Dementsprechend hatte es deutlich mehr Leute in den Strassen und auf den Plätzen, zumeist Eltern mit ihren Kindern.
In den Schulen (so ganz 100% Feiertag ist es wohl doch nicht) erhielten alle einen Snack und ein Getränk, und wurden mit Tanzvorstellungen von Studenten o.ä. unterhalten.
Für uns ICYE-Austauscher war ein Abendessen in einem Restaurant angesagt. Das entpuppte sich schliesslich als Pollo-Schnellimbiss (vergleichbar mit McDonalds) - bloss dass ihnen das Poulet ausgegangen war. Gut 2/3 der Karte waren nicht mehr erhältlich, und überhaupt hatten wir Glück noch bestellen zu können. Es war nämlich schon halb 10 und das Lokal leerte sich rasch. Schliesslich waren wir die einzigen verbliebenen Gäste, die Türe verriegelt, die Musik abgestellt. Und noch immer wartete ich auf mein "Sandwich caliente con Queso y con Jamon"... Es kam endlich doch noch - allerdings kalt, und ob sich sowas Käse schimpfen darf?
Alles in allem war das "Abendessen" ein ziemliches Desaster. Bloss weg von dort. Lieber als mit Oscar und den andern Austauschern etwas trinken zu gehen, schloss ich mich deshalb meiner Gastschwester Soraya an und schnupperte erstmals das bolivianische Nachtleben.

Tag des Fussgängers - Chronik
Heute war also der grosse Tag für unsere Plakate gekommen, erwartungsvoll fuhr ich nach einer allzu kurzen Nacht pünktlich um 9 Uhr zur Plaza 25 de Mayo. Leicht stutzig wurde ich schon, als diese nicht wie angekündigt für den verkehr gesperrt war. Wird vielleicht noch, dachte ich. Um viertel nach 9 traf dann meine Mit-Volontärin Sari ein. Um halb zehn beschlossen wir zum Supermarkt zu gehen. Wieder zurück war Lisbeth, die Sekretärin, und mit ihr unsere Plakate und die Stellwände endlich eingetroffen. Samstags öffnet das Museum nicht und wir haben keine Möglichkeit ins Büro zu kommen. Noch immer rauschte der Verkehr vor sich hin. Von Aktivitäten seitens der Stadtregierung keine Spur. Wir schickten einen Kundschafter zum Parque Bolívar - doch auch dort "nada".
Um 11 traf schliesslich René, der Verantwortliche für die Aktion, aus Cochabamba ein. Um halb 12 hatten wir die Plakate aufgestellt und wurden kurz darauf von einer Politesse nach einer Erlaubnis Bescheinigung gefragt. Wir versprachen um 12 zu verschwinden. Erstmal schickten wir aber Lisbeth aus, Salteñas und Soda zu kaufen. Um viertel vor eins, nachdem die Zwischenverpflegung verspiesen war, packten wir unsere Sachen zusammen.
Bilanz: Diverse verteilte Faltprospekte zum Thema Luftverschmutzung, einige interessierte Betrachter unserer Plakate, wenige Gespräche mit Passanten, eine Anmache von Betrunkenen. Wir haben zwar einige Leute erreicht, unter anderem haben die Schuhputzerjungs unsere Prospekte sehr konzentriert studiert, aber wenn von der Stadtregierung wirklich das Angekündete gekommen wäre, hätten wir viel mehr Aufmerksamkeit für das Problem gewinnen können. Ich bin ja gespannt auf die Erklärung des Umweltamtes!




Ich wünsche den Studenten einen guten Studienanfang, den Schülern&Lehrern schöne Ferien und der arbeitenden Bevölkerung einen erholsamen Sonntag!
Danke für die Kommentare und (v-)Mails :)

Mittwoch, 19. September 2007

Vida cotidiana (Teil 1)

Ende der Arbeitslosigkeit
Ja, ich habe tatsächlich endlich ein Projekt gefunden. Wobei die Suche ja nicht sonderlich intensiv war. Nachdem ich bereits 10 Tage in Sucre gewesen war, ohne ein einziges Projekt auch nur besichtigt zu haben - da es Oscar, der ICYE-Verantwortliche vor Ort, irgendwie nicht schaffte an die Verantwortlichen heranzukommen um einen Termin zu verabreden - wollte ich einfach mal beginnen zu arbeiten, egal was. Ferien sind zwar schön, aber auf Dauer nicht so das Wahre. Ausserdem bin ich ja hier um etwas sinnvolles zu tun, und herumhängen und einen argentinischen Musiksender schauen (top!) zählt wohl nicht dazu. Vergangenen Mittwoch hiess es dann: wir treffen uns in 20 Minuten auf der Plaza, und besichtigen ein Projekt. Yay! Dass ich mich dann auch prompt für dieses Projekt entschied war weniger eine Verzweiflungstat, als viel mehr ein lange geplanter Entschluss. Schon im Einführungscamp bei La Paz hatte ich die projektbeschreibung gesehen und gesagt "este proyecto me gusta". Fragt mich nicht wieso es solange gedauert hat, bis ich letzten Donnerstag endlich meinen ersten Arbeitstag hatte.

Asociación Sucrense de Ecología (ASE)
Die ASE ist eine politisch un religiös unabhängige Organisation von Freiwilligen, sowie ca. 5 Festangestellten. Ihre Mission ist es, für den Schutz der Umwelt und der natürlichen Ressourcen einzutreten, sowie die Lebensqualität der Einwohner des Departements Chuquisaca zu verbessern. Sie ist Mitglied von LiDeMA (Liga de Defensa del Medio Ambiente).
Wie gesagt, ich hatte es schon längere Zeit auf dieses Projekt abgesehen. Die Informationen die uns die Direktorin der ASE, Señora Apolonia Rodriguez Gonzales gab klangen auch alle ganz interessant. Als sie aber zum Bereich der Aktivitäten der ASE kam, und erzählte, dass geplant ist Wände mit Aufrufen zu ökologischem Verhalten zu bemalen und eine Baumpflanzaktion im Gange ist, wusste ich: das ist es. Und so werde ich hier nun also keine Hütten bauen [ ;) ], sondern Bäumchen pflanzen helfen.
Bisher allerdings haben wir, das heisst Sari, Austauscherin aus Finnland, und ich die meiste Zeit damit verbracht, Plakate für kommenden Samstag zu zeichnen. Im Moment läuft in Sucre nämlich die "Semana del Aire limpio" (Woche der sauberen Luft) - bloss dass das kaum einer zu wissen scheint. Während der Woche kann man gratis messen lassen wieviel Dreck sein Auto in die Luft schleudert (ich möchte ja nicht wissen, wie die Ergebnisse der Micros aussehen, ihres Zeichens klapprige Minibusse, in Japan ausgemustert, über Chile nach Bolivien transportiert, und jetzt hier das öffentliche Verkehrsmittel Nr.1 (das einzige)) und am Samstag ist dann Tag des Fussgängers. Die Plaza 25 de Mayo, Hauptplatz, wird für den Verkehr gesperrt sein und es werden diverse Aktivitäten - Sport, Spiel und Spass - durchgeführt werden. Organisiert wird das ganze von der Stadtregierung, mit Unterstützung durch die Kampagne "Aire Limpio" des DEZA. Da wird einem gleich ein wenig patriotisch zumute... Die ASE wird mit eben jenen Plakaten präsent sein, die Sari und ich unter so viel Anstrengung kreiert haben (Problem: Wir können beide nicht zeichnen :)).


Mercado Campesino
Was macht man in Bolivien am Samstagvormittag? Genau, das selbe wie auch in der Schweiz: einkaufen. Allerdings weder in Coop noch Migros, noch in sonst einem Supermarkt (in ganz Sucre gibt es nur einen, und der ist gelinde gesagt klein). Man fährt mit Taxi oder Micro auf den Mercado Campesino ("Bauernmarkt"). Der ist in vielerlei Hinsicht beeindruckend: schon allein die schiere Grösse - ich glaube, man könnte ohne weiteres einen ganzen Tag dort verbringen und hätte wohl noch immer nicht alles gesehen - mehrere Strassenzüge sind einfach Markt; dann die Vielfalt (es gibt wirklich alles- und alles durcheinander); die Menge der Waren (vor allem Berge und Türme von Früchten und Gemüse) und der Menschen; weiter die Preise (1kg Schweinefleisch=2.50 CHF) und last but not least: die Fleischabteilung. Selbstverständlich ungekühlt, zusätzlich zumindest teilweise unter freiem Himmel - aber alles ganz frisch!
Man muss es fast mit eigenen Augen gesehen haben...
Angenehm fühlte ich mich an Einküfe meiner Kindheit zurückerinnert, als sich mir eine Banane, Apfelschnitze, ein Stück Papaya und eine halbe Birne entgegenstreckten.

[Hier sollten jetzt eigentlich Fotos vom Mercado Campesino folgen, bloss leider sträubt sich PicasaWeb. Ich werde die neue Version von Firefox installieren und einen weiteren Versuch starten]

Edit (22.09.2007): Und
sind die Fotos endlich. Bei Photobucket geht's erst noch schneller :) Leider nicht ganz so elegant wie picasa, aber es funktioniert!

Chiquitito
Hat sich je einer über die "-li" der Schweizer lustig gemacht? Hat je jemand behauptet, wir benutzen zu viele Diminutive? Der kann einpacken, sobald er in Sucre/Bolivien ist. Wie wärs zum Abendessen mit einem "matecito calientito" (heissliches Teelein) und einem "pancito fresquito" (frischliches Brötlein)? Insbesondere die Verkleinerungsform der Adjektive lässt schmunzeln "hermanito viejito" (ältliches Brüderlein) oder "mamita jovencita" (jüngliches Mütterlein).
Die Krönung liefert jedoch unser Golden Retriever Oliver, ein "perrito chiquitito" (winziges Hündchen).

Donnerstag, 6. September 2007

¡Esto es Sucre, Sucre se respecta!

"¿Sucre? Ah, tranquilo, muy tranquilo." - versicherten mir zumindest mehrere Personen. Und trotzdem befinde ich mich in der momentan unruhigsten Stadt Boliviens. Doch lasst uns von vorne beginnen...

Wie alles begann
Es begab sich aber vor langer, langer Zeit im Jahre 1899 ein Bürgerkrieg in Bolivien. Aus dem Pazifikkrieg gegen Chile (bei dem Bolivien seinen Zugang zum Meer verlor) waren zwei Gruppen hervorgegangen: die kriegerischen "guerristas" mit Sitz in La Paz und die friedlichen"conservistas" in Sucre. Es kam wie es kommen musste, zum bereits erwähnten Bürgerkrieg, aus welchem die "Paceños" siegreich hervorgingen. Seither befindet sich sowohl die Legislative, wie auch die Exekutive nicht mehr in der eigentlichen Hauptstadt Sucre, sondern in La Paz. Den "Sucrenses" verblieb einzig der oberste Gerichtshof.

¡La sede se mueve!
Gegenwärtig tagt in Sucre die Asamblea Constitucional, deren Aufgabe der Entwurf einer neuen Verfassung ist. Eine Verfassungsänderung ist die einzige Chance für Sucre wieder vollwertige Hauptstadt "Capital plena" zu werden.
Am 15. August jedoch gab die Regierung ein Dekret heraus, das die Streichung der Hauptstadtfrage von der Tagesordnung der Asamblea verlangte. Die Constituyentes nahmen das Dekret an. Und seither ist in Sucre nichts mehr mit "tranquilo".

!Democracia sí, dictadura no!
Denn natürlich geht es nicht, dass sich die Regierung in die Belange der unabhängigen Asamblea einmischt. Was die Sucrenser wollen, ist nicht unbedingt wieder volle Hauptstadt zu werden (auch wenn sie daran durchaus Gefallen fänden, ist das doch ein Entwicklungsgarant für die Region, wie das Beispiel La Paz zeigt), nein, momentan geht es ihnen in erster Linie darum, Gehör zu finden bei der Regierung. Auf dass diese ihr Dekret zurückzieht und die Hauptstadtfrage wieder auf der Tagesordnung auftaucht. Wenn sich die Asamblea dann doch für La Paz entscheidet, so würde die Bevölkerung von Sucre das akzeptieren, versicherte mir meine Gastschwester Soraya.

Beinahe jeden Tag gab (und gibt) es Demonstrationen, doch die Regierung zeigt sich nicht verhandlungsbereit. Der Präfekt von Sucre, Angehöriger der Regierungspartei MAS, ist aus Frustration über die fehlende Reaktion bereits zurückgetreten. Und so versammeln sich die Studenten, Dozenten, Mitarbeiter der Verwaltung und sonstige Sympathisanten nicht vor der Präfektur, sondern vor dem Teatro Gran Mariscal, wo die verfassungsgebende Versammlung tagt. Die Demonstrationen ("Marchas") verlaufen friedlich: Fackelumzüge mit Sprechchören und Gesang. Hin und wieder eine Petarde oder ein bisschen Dynamit, man will sich ja schliesslich Gehör verschaffen. Das einzige was neben den Fackeln brannte, waren alte Autoreifen (wohlgemerkt: keine Autos angezündet, keine Scheiben eingeschlagen!). Dennoch setzte die Polizei gestern nacht erneut Gummischrot und Tränengas ein: pikanterweise mitten in der Stadt, vor dem Spital Santa Barbara.

Zusätzlich zu den Demonstrationen befinden sich mehrere hundert Menschen seit teilweise über 10 Tagen im Hungerstreik. Heute gibt es zudem kein Durchkommen ins Stadtzentrum mehr (zumindest nicht mit dem Auto): überall wurden sogenannte Bloqueos errichtet. Vor dem Teatro findet eine "Vigilia" (Wache) statt.

Esto es Sucre


Ausserdem sind heute noch die Campesinos, Bauern, angekommen um für die Regierung zu demonstrieren. Bisher kam es aber zu keinen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Gruppen. Inwiefern die Campesinos wissen wofür sie demonstrieren, ist unklar: man erzählt, dass einige von der Regierung bezahlt wurden um nach Sucre zu fahren; andere wiederum folgen blind den Anweisungen des Dorfoberhauptes.

Keine Sorge, ich bin brav zu Hause. Als ich nämlich gestern zusammen mit Soraya die Demo beobachtete, sprach mich plötzlich jemand an (wer kennt mich denn hier?!). Es war Walter, der Chef von ICYE Bolivien, und er schien alles andere als erfreut zu sein mich dort zu sehen. Was wenn ich wie geplant im Umzug mitgelaufen wäre? Prompt klingelte heute morgen das Telefon und Oscar, ICYE-Verantwortlicher für Sucre, verpasste mir quasi Hausarrest.

Wie sagten sie doch im Camp? "Wenn die Politik interessiert, ist Bolivien das perfekte Land für dich." Und wenn nicht, wird sie dich sehr bald doch interessieren. Weil du nämlich unversehens mitten drin steckst.

*sing* Capitalía plena, dumdidumdidum */sing*

Mittwoch, 5. September 2007

Impressionen

La Paz


Hier einige Fotos aus der Zeit, die ich in La Paz verbrachte. Bilder hochladen dauert (leider) ewig, wahrscheinlich werde ich das in Zukunft sein lassen. Schliesslich will ich mein Frei-Internet ja nicht überstrapazieren. Um das Album anzusehen, einfach das Bild oben anklicken. Ich hoffe es funktioniert :)
Ein Blog zu Sucre folgt in den nächsten Tagen.
Bis dahin
¡Chau!

Sonntag, 26. August 2007

La Paz sin paz

Tag 1
¡Hola! Ich bin gestern morgen frueh gut hier in La Paz angekommen (mein Gepaeck sollte es mittlerweile auch geschafft haben...) und bei einer super netten temporaeren Gastfamilie untergebracht. Zusammen mit Yasmin aus Schweden und der Tochter des Hauses Jimena sowie deren "Chico" Danilo habe ich gestern bereits damit begonnen Bolivien zu erkunden. Nach einer Ruhepause haben wir in einem Hinterhof Vorbereitungen fuer den Karneval zugeschaut: verschiedene Tanzgruppen (in einer davon die Eltern Myriam und Gonzalo) uebten ihre Taenze, leider noch ohne Kostueme.
In der Stadt trafen wir spaeter Juan Carlos von ICYE der sich um mein Gepaeck kuemmert (erfolgreich wie ich heute morgen erfuhr :)).
Immer wieder schien es als durchquerten wir die halbe (ganze?) Stadt um zur naechsten Station unseres Tages zu gelangen. So war es kein Wunder, dass wir das Valle de Luna (eine bizarr-zerklueftete Felslandschaft) bei den letzten Strahlen der Sonne erreichten. Wunderschoen leuchteten die roten Felsen die das Valle umgeben - hoffentlich kann ich bald Fotos posten!
Obwohl uns Jimena und Danilo gerne noch mit in den Ausgang genommen haetten, legten Yasmin und ich uns frueh (halb neun? Zeitgefuehl ist weg, vor allem auch weil im gesamten Haus die Uhren beharrlich auf 5 vor 7 stehen geblieben sind ;)) schlafen. Dafuer bin ich heute fit.. 3500 m.ü.M., na und?
Schmatz
Das Essen hier ist auch sehr lecker - Jimena hat uns getsern gefuellte (vegetarische!) runde Zuchettis gekocht. Ansonsten gibt es viele interessante Arten von brotaehnlichen Sachen, z.B. mit Kaesesauce gefuellte, suesse Empanadas, oder steinharten suessen Zwieback. Das La Paz typische Brot Maraqueta (o.ä.) schmeckt wie das gute Knebelbrot zu Hause :) Tee habe ich auch schon viel getrunken, heute frueh gabs frischgepressten Fruchtsaft, und dann ist da noch das Getraenk mit getrockneten Pfirsichen...
La Paz sin paz
Friedlich ist die Stadt schon, aber trotzdem ist immer etwas los. Vor allem laeuft immer und ueberall Musik (von Metal bis Hip Hop und Folklore, wild durcheinander). In der Nachbarschaft scheint es einen hyperaktiven Hahn zu haben, der die ganze Nacht immer wieder kraehte, sowie diverse Hunde. "La Paz sin paz" steht uebrigens auf einem der zahlreichen Graffiti, die hier neben den Wandmalereien (meist mit politisch-moralischer Botschaft) die Waende entlang der Strassen schmuecken.
Ueber Kommentare oder Mails wuerde ich mich sehr freuen - bie Kommentaren bitte einen Namen hinterlassen, gell Anonymus :) damit ich auch weiss, wen ich zu treuen Bloglesern zaehlen darf.
Da das Internet hier spottbillig (1 Stunde=3Bs=45 Rappen) ist werde ich mich wohl bald wieder mal melden koennen.
Bis zum naechsten Blog, macht's gut!

Donnerstag, 23. August 2007

I'm off, bye!

Abschied

Das letzte Mal aufwachen, das letzte Mal Zähne putzen, das letzte Mal Frühstücken und Zeitung lesen, das letzte Mal kochen und abwaschen, zum letzten Mal diese oder jene Strasse entlangehen, zum letzten Mal beim Friseur, beim Zahnarzt, im Coop.
"Dire adieu, c'est toujours mourir un peu" - aber nur ein bisschen. Denn schliesslich werde ich spätestens in einem Jahr wieder durch diesen Flur gehen, auf diesem Klo sitzen, aus diesem Fenster schauen.
Und was ist denn schon ein Jahr? Wie schnell verging ein Schuljahr... und wie unendlich lange zog es sich gleichwohl dahin. Was am Ende blieb? Erinnerungen an harte Wochen, gute Zeiten und dumme Sprüche. Mein Jahr in Bolivien vermag hoffentlich tiefer gehende Erlebnisse zu erwecken, un deutlichere Erinnerungen zu hinterlassen.
Noch ein letztes Mal den Spruch des Tages im Mondkalender lesen: "Alle Reisen haben eine heimliche Bestimmung, die der Reisende nicht ahnt." (M.Buber)

Vamos a ver! Bis bald!



Das schnucklige Teil wiegt übrigens die Kleinigkeit von ~17kg.

Und schliesslich: zum letzten Mal das Notebook ausschalten...

Samstag, 18. August 2007

Home, sweet home

Neuigkeiten

Würde ich sonst einen Blog schreiben? Jedenfalls habe ich heute endlich Neuigkeiten betreffend meines Aufenthaltes in Bolivien erhalten. Ich möchte ja nichts sagen, aber wurde auch langsam Zeit... An sich hätte es mir zwar nichts ausgemacht bis eine Woche vorher zu warten, wenn man mir nicht gesagt hätte, ich erführe meinen Aufenthaltsort einen Monat vor Abflug. Das Warten zehrte irgendwie doch an meinen Nerven. Und sieh' an, gerade als ich mich mit einer Reise ins Ungewisse abgefunden hatte, erfahre ich doch noch wo's hingeht. Ganz nach dem Motto "Give freely, expect nothing and you will never be disappointed by other people's actions" oder so ähnlich..
"Chum zur Sach!" Ja, ja, ich wollte doch bloss ein wenig Spannung aufbauen.
Facts
Ich werde mein Austauschjahr in Sucre bei Familie Navarro Arias verbringen. Mutter Liby ist Krankenschwester, Vater Luis Chad geologischer Ingenieur. Zusätzlich sind da noch 3 "Kinder", Numa (30) [google meint Numa sei entweder ein lateinischer Name - nur für Jungs, oder muslimischen Ursprungs - nur für Mädchen. We'll see!] sowie Soraya und Soraida, beide 27 - Zwillinge?! Sie, und bald auch ich, leben in einem Einfamilienhaus, zusammen mit einem Hund. (Ich werde Maundzi trotzdem vermissen!) Übrigens habe ich ein eigenes Zimmer *phew*.
Adresse (oder Fragmente davon): Calle Mexico No 363 - Sucre
Finde Sucre ;) 2800 M.ü.M., angenehmes subtropisch-gemässigtes Klima und "gilt mit ihren reichen, gepflegten Plätzen und Parkanlagen als die schönste Stadt Boliviens". Meint Wikipedia. Stimmt hoffentlich, meine ich.


Sucre hat übrigens nichts mit Zucker zu tun, sondern wurde nach dem Revolutionsführer Antonio José de Sucre benannt. Dennoch: "Sie ist für ihre Schokoladen-Spezialitäten bekannt." Ein weiterer Pluspunkt. Ob es wohl Schokolade mit Chili gibt? Hält die Sucre'sche (?) Schokolade dem Direktvergleich mit Schweizer Schoggi stand? Und umgekehrt?


Ich freue mich sehr über meine Platzierung in Sucre, da ich eigentlich von Anfang an dorthin wollte. Ich bin froh, weder im kalten La Paz noch im tropischen Santa Cruz zu sein. Aber war da nicht irgendwann mal was mit einer Priority-List? Genau, zwei Projekte in La Paz, eines in Cochabamba - ohne Rücksicht aufs Klima hatte ich die mir am meisten zu entsprechen scheinenden Projekte ausgesucht gehabt. Erstens kommt alles anders, und zweitens als man denkt. Aber eigentlich ist doch alles gut herausgekommen. Mal schauen welche Projekte Sucre zu bieten hat - zuerst auf dem Papier, und so bald ich dort bin, werde ich die sowieso noch besichtigen. Papier ist geduldig.


Übrigens: Sucre ist Boliviens Hauptstadt - zumindest auf dem Papier. De facto befindet sich der Regierungssitz in La Paz und Sucre beherbergt nunmehr den Obersten Gerichtshof.


Morgen kann ich also endlich mit packen beginnen - Photo vom Rucksack folgt.



P.S.: Anmerkung
Noch eine kurze Anmerkung zu früheren Blogs und kritischen Bemerkungen gegenüber ICYE: Ich bin nach wie vor sehr dankbar dafür eine erfahrene Organisation im Rücken zu haben. Etwaige Sticheleien sollten als konstruktive Kritik und nicht als Hohn und Spott aufgefasst werden. Ich bin überzeugt vom Gedanken, der hinter ICYE steht, und fest entschlossen dereinst als freiwillige Mitarbeiterin mit zu machen. Aber eben: etwas mehr Klarheit in der Kommunikation könnte nicht schaden :) Das Angebot und die Philosophie sind toll und einzigartig.


Mittwoch, 1. August 2007

Keep me right here waiting

Ungewisse Vorfreude
In nur 23 Tagen sitze ich bereits in einer AmericanAirlines Maschine Richtung Dallas-Miami-La Paz! Letzte Sonntag trafen wir uns zur länderspezifischen Vorbereitung; Simone und Stefan (ph?) erzählten uns von ihrer Zeit in Bolivien, unterstützt von einer Checkliste von ICYE. Ein sehr gemütlicher und interessanter Nachmittag, danke für die Einladung Simone :) Beschenkt mit der DVD "Quien mató a la llamita blanca?"- die satirische Sicht auf die Kultur Boliviens - und einigen Koka-Blättern (die übrigens eingeführt wurden...in die Schweiz) - der Duft Boliviens ging es einige Stunden später wieder nach Hause.

Von ICYE gab es eine "Checkliste für das Austauschjahr 07/08 in Lateinamerika" mit vielen nützlichen und hilfreichen Informationen. Beispiele?
"Gepäckstücke: Ein grosser Rucksack ist sehr nützlich"
"Musik: Kassetten (mwahaha!) kannst du vielerorts hören oder vorspielen"
"Schlafsack: Unbedingt mitnehmen"
"Schreibzeug: Wenn du etwas besunderes brauchst oder verschenken möchtest, nimm es mit, sonst kann man auch alles dort kaufen." (In Bolivien gibt es Kugelschreiber :o)
"Kleidung: Ob du mehr warme oder kühle Kleider (kühle Kleider?) mitnehmen sollst, kommt ganz auf die Region an, wo du hinfährst."

Und genau hier liegt die Krux: Noch immer weiss ich nämlich nicht, wohin es mich in gut drei Wochen verschlagen wird. Nicht nur die Höhenunterschiede zwischen den verschiedenen Städten, sondern auch Temperatur- und Klimadifferenzen (Vermeidung einer Wortwiederholung..) sind beträchtlich. In La Paz beispielsweise beträgt die durchschnittliche Jahrestemperatur je nach Quelle (sprich: wikipedia deutsch oder spanisch) zwischen 10° und 16°, in Santa Cruz doch immerhin 25°C.

Langsam aber sicher realisiere ich endlich, dass es bald los geht. Verdammt bald sogar. Konkrete Vorstellungen habe ich nicht, denn dazu fehlen mir schlicht und einfach einige Informationen. Und so bleibt mir vorerst nur eine gewisse diffuse Vorfreude, eine positive Grundstimmung, die da ist und einfach nicht mehr weg will...

Mittwoch, 16. Mai 2007

One Weekend in - Langenthal!

Vorbereitungsseminar
Letztes Wochenende hat das nationale Vorbereitungsseminar für sämtliche AustauscherInnen (19 -Innen, 1-er) in Langenthal stattgefunden. Interkulturelle Spiele (merke: andere Kulturen sind anders!), Power Point Präsentationen von ehemaligen AustauscherInnen, leckeres internationales Essen und gegenseitiges Kennenlernen bildeten das Programm. Nicht zu vergessen der unsägliche Medienworkshop, der uns auf subtile Art davon überzeugen wollte professionelle Berichte anstelle von wirren Blogs *unschuldsblick* zu schreiben. Wirklich Neues gab es kaum zu erfahren, und so waren sich am Ende alle einig: es ginge auch kürzer. Theoretisch. Denn die internationalen ICYE Richtlinien legen eine bestimmte Vorbereitungszeit fest - und daran halten wir uns natürlich ;)
Kennengelernt habe ich 3 ehemalige Bolivien-AustauscherInnen (Heidi, Stefan, Simone) und die beiden andern die dieses Jahr nach Bolivien fliegen werden. Die eine das erste halbe Jahr (Name vergessen, sorry!!) und Valentine ab Januar '08. Vorher treffen wir uns im Juli noch zur individuellen Ländervorbereitung. Oh, und den ersten Boliviano, zur Zeit imAustausch in der Schweiz, habe ich auch getroffen :) Und all die andern netten Austauschers!

Projekte
Nun noch zur Vergangenheitsbewältigung: bereits vor etwa drei Wochen konnte ich ICYE meine Unterlagen schicken: Passkopie, Flugticket-Kopie, Health Certificate (Gesundheitszustand meiner Wenigkeit: "excellent" :p) und... die Priority List! Ich habe mich für drei Projekte entscheiden müssen, und darf nun gespannt abwarten, wohin es mich verschlagen wird. Obwohl ich geschrieben habe, die Projekte seien in willkürlicher Reihenfolge aufgelistet, so habe ich eigentlich doch meinen Favoriten.

1.Wahl: Crecer, Credito con Educacion rural. Kleinstkreditbank, die die KreditbezügerInnen (hauptsächlich Frauen, da die Männer eherlethargisch sind..) weiterbildet. Klingt vielfältig - auch die Kinder der Frauen werden betreut - und wär doch mal was ganz anderes. Xenia arbeitet in einer Bank :) Das Projekt befindet sich in Cochabamba, und das gibt in meiner Wertung Bonuspunkte für mildes Klima (vor allem nach den Kälte-Schilderungen von La Paz von Heidi).

2.Wahl: Kori Nayra. Projekt das Jugendliche aus armen Familien zu Tourist Guides ausbildet. Man entwirft Rundgänge und unterrichtet Englisch, Französisch oder Deutsch. <-> Sprachen unterrichten=super! Kinder? Da stellt sich die Frage nach Autorität, Durchsetzungsvermögen und Stimmvolumen. Das Projekt befindet sich in La Paz.

3.Wahl: International Children's Protection. Eine internationale Kinderrechtsorganisation, Hauptsitz in Genf und eben auch in La Paz präsent. Da ich ja ursprünglich in einer Menschenrechtsorganisation arbeiten wollte, kommt das der Sache am nächsten. Andere Human Rights Projekte verlangten entweder ein "intermediate" Spanisch-Level oder gar ausgebildete Anwälte.

Die Wahl der Projekte war nicht ganz einfach. Zuerst suchte ich spezifisch nach Projekten in Sucre, Tarija und Cochabamba (Klima...). Der Erfolg war aber eher mager, resp. es hatte fast nur Projekte in Kinderheimen (zu dem noch mit "strong christian affinity") oder solche für die ich unterqualifiziert bin. Als ich dann geografische Begebenheiten ausser Acht liess, fand ich die oben genannten^^, die mir - auf dem Papier zumindest - alle sehr gut gefallen.

Abwarten und Tee trinken! Bloss wie lange? Die wirklich wichtigen Infos habe ich letztes Wochenende wohl verpasst...

Nachsatz
p.s.: Vielleicht habt ihrs nicht gemerkt, aber der Medienworkshop hat mich doch beeinflusst: ich habe Zwischentitel gesetzt. Ob die wohl zum Weiterlesen animieren? Und: ich überlege mir tatsächlich unsere Lokalzeitung mit Berichten aus dem bolivianischen Alltagsleben zu beglücken, aber die Idee hatte ich auch vorher schon. Und vielleicht frage ich die auch, ob sie nicht einen Artikel über mich und Tabea schreiben wollen - damit sie endlich eine Gastfamilie findet.

Mittwoch, 21. März 2007

When Angels Fly Away...

... mwahaha.
Nachdem mein Vorhaben einen Blog zu unterhalten bekannt wurde, hat man mir nahe gelegt dies aus Gründen der besseren Verständlichkeit für unsere ausländischen MitbürgerInnen (resp. den Teil der Familie der in Österreich lebt ;)) in Standardsprache zu tun. Na dann... (Was ein Monstersatz :o)

Zurück zum Thema: Fly Away. Habe heute meinen Flug gebucht! 24. August 2007 - nichts wie raus in die Welt. Zürich-Dallas-Miami-La Paz! Die Sache rückt langsam aber sicher in greifbare Nähe...
Damit habe ich eigentlich schon vorweggenommen, was ich bereits vor einiger Zeit hätte posten können: ICYE schickt mich in mein Wunschland Bolivien. Ich habe einen Stapel Unterlagen erhalten, National Profile mit allen Infos zur Geschichte&Wirtschaft (ca. alle 2 Jahre ein Umsturz, anschliessend Privatisierung resp. Verstaatlichung der Gasquellen und Bergwerke..) und das Working Profile mit allen Projekten. Sollte mir anscheinend einige aussuchen und eine Präferenzenliste schreiben (hab ich heute per Zufall entdeckt - oops). Ich bin mir aber noch nicht sicher, ob ich das Projekt nach der Stadt oder die Stadt nach dem Projekt wählen soll. Besonders angesprochen hat mich bisher nur ein Projekt, Jugendhaus für Kinder&Jugendliche aus dem armen Vorort von La Paz, El Alto. Aber eben, Kinder und Jugendliche - ob das das Richtige ist? Ich werde das ganze wohl nochmal durchlesen, und diesmal mit System.

Tja: Flug gebucht, Pass bestellt (hoffe die Össis beeilen sich damit), erste Rate bezahlt - fehlt nur noch ein Rucksack und Xenia macht die Düse.

Samstag, 20. Januar 2007

May the adventure begin :)

Guet, grad es Abentüür chames ja (no) nid nenne. Abr i ha mir halt vorgnoh usfüehrlech, und zwar vo Afang bis zum bitteren Ende, über mis (zuekünftige) Ustuschjahr z'blogge, und weni mir öppis i Chopf setze...

Hüt isch jedefalls z'erschte vo insgesamt drü Vorbereitigsseminar gsi. Ha zwar zure scho fasch unchrischtlech früehe Zyt müesse ufstah u mitem Zug uf Bärn fahre, abr süsch ischs no kuhl gsi :) Scho woni uf dr grosse Schanze mis Plänli ha zückt het mi d'Nicole us Thun aghoue und so si mir zäme zum Aki gloffe. Und wil das ja würklech diräkt näbedran isch (wini ersch jetz weiss..) si mir über e halb Stund z'früeh gsi und umegstande wi bstellt u nid abgholt. Dä Hobby-Verein isch nämlech no mitts i de erschte Vorbereitige gsteckt. D'Befürchtig das mir di einzige 2 sige het sech glücklicherwiis nid bestätiget, insgesamt si mer 8 Kandidatinne gsi (u öppe glichviil Betröier). Düre Tag dür hei mir Infos über d'Organisation übercho (--->http://www.icye.ch), hei üs Gedanke über d'Volontär Arbeit gmacht, Z'Mittag gässe, si einzeln interviewt worde, u hei o meh als gnueg Zyt übercho zum di verschidene Länderordner z'studiere, dr Programmpunkt "Wie finde ich eine Gastfamilie?" het mi glücklicherwiis id bsunders kümmeret wil mini Familie bereit isch öpper ufznäh (zum Glück! i liebe si drfür...nid nur wili die 1200.- äxtra nid mues zahle, o was drhindersteit und so..) me het üs gseit was mit em Gäld wo mir zahle (und es isch nid wenig :/ ) passiert, und schliesslech, ändlech, nach immerhin nur 7 u nid wie zersch akündiget 10 Stund hei mir üs verabschidet. Zersch hei mir allerdings no dörfe Rückmäldig gä...

So, jetz chli zu mir. I wett es Ustuschjahr als Volontär uf Bolivie mache. Und zwar wili
1) nach 12 Jahr Schuel eis öppis sinnvolls wett mache
2) Spanisch wett lehre
3) öppis nöis gseh und erläbe
und wiso Bolivie? Wil ds Südamerika nur Bolivie, Ecuador, Kolumbie u Brasilie zur Uswahl stöh. Ds Brasilie redet me bekanntlech portugues (odr öppis ähnlechs) und woni atönt ha das Kolumbie ono öppis wär isch mini halbi Verwandtschaft Sturm gloffe, es sig ja soooo gfährlech. Cha ja scho si, immerhin chunnt mini Tante vo Kolumbie - getrout sech aber nüm häre. Anderersiits... chli weniger Schmuck&Co. täts doch o? :p
Bolivie isch ono interessant wägem höche Ateil vor indigene Bevölkerig, de Indigenas (ja, ja, ja nid Indios!)
Und hüt hani no mit dr Florine gredt - odr besser si mit mir, wo 5 Mönet ds La Paz isch gsi. Und si het mir würklech vorgschwärmt, u wett o gärn no einisch ga. Si het mir no so über ds Ässe verzellt (Riis mit Härdöpfel, odr schwarzi, gefriertröchneti Härdöpfel (Spezialität!) und geng, geng Fleisch, v.a. Poulet odr Hackfleisch. Empfohle het si mir Teigtäsche vo de Strasseständ und Saftständ wome d'Frücht uswählt wonär gad presst wärde...mmmmmmh) I schribe das übrigens hie uf, nid wili dänke dases öpper wahnsinnig interessiert, sondern damit is nid vergisse :)
Was mir dä Tag bracht het? I würd säge es het mini Entscheidig gfestiget und mir e chli z'Gfüehl gä dases richtig isch das z'mache. Und weni so dra dänke, gspüri scho es bitzeli Vorfröid...

Wyter geits ersch mitemne 3-tägige Camp vom 22.-24. Juni, z'Aarburg. Bis denne!
x.